Freiheit für die Seele

Wege aus Traumata, Panikattacken und emotionalen Belastungen mit Hilfe von EMDR

Woher stammt der Begriff EMDR?

Die amerikanische Psychologin Dr. Francine Shapiro machte 1989 unter dem Namen EMDR (Eye Movement Desenzitisation and Reprocessing) ein therapeutisches Verfahren zur Behandlung von seelischen Störungen bekannt.

Sie entdeckte während eines Spazierganges im Wald zufällig den entlastenden Effekt von Augenbewegungen, der sie veranlasste, diese höchst wirksame Methode zu entwickeln. Während ihrer jahrelangen wissenschaftlichen Forschungen entwickelte sie ein feststehendes Anwendungsritual, das sogenannte „Standard-Protokoll“ zur Auflösung von Traumata.

EMDR ist, neben dem Einsatz in der Traumatherapie, zur Behandlung von diversen seelischen Störungen im therapeutischen Bereich geeignet. Im Idealfall sollte der Behandler über eine Heilerlaubnis verfügen, jedoch kann EMDR auch kombiniert mit anderen Techniken im Coaching vielfältig genutzt werden. Es wird gerne im Zusammenhang mit Hypnose kombiniert, aber auch kunsttherapeutische Maßnahmen, Phantasiereisen oder Trancereisen sind gute Begleiter. Weiter empfiehlt es sich zur Verbesserung der eigenen emotionalen Befindlichkeit, im Zusammenhang mit Prüfungsstress, zur präventiven Unterstützung, in der Kommunikation mit anderen oder bei allgemeinen emotionalen Blockaden. Damit ist EMDR auch Behandlern ohne Heilerlaubnis zugänglich.

Die Wirksamkeit dieser Methode ist wissenschaftlich nachgewiesen. Erste große Erfahrungswerte wurden in den USA bei der Behandlung der Rettungskräfte, die bei den Terroranschlägen des 11.09.2001 eingesetzt wurden. Diese zeigten eine deutliche Entlastung nach der Behandlung mit EMDR. Aus diesen Schlüsselerlebnissen wurde der Einsatz von EMDR zur Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen mit ihren umfangreichen Symptomen eingesetzt. EMDR kann bei allen Störungen indiziert sein, die mit Ängsten und Phobien einhergehen, seien sie akuter oder länger zurückliegender Natur. Wird es im Coaching eingesetzt, ist es hilfreich, wenn es darum geht, Potentiale des Klienten zu reaktivieren oder ans Licht zu holen.

Anwendungsbereiche des EMDR sind z. B.:

  • Allergien
  • Angst- oder Panikstörungen
  • Emotionale oder mentale Blockaden
  • Coaching für viele unterschiedliche Themen
  • Depressionen, sofern sie bereits belegt sind
  • Entwicklungs- und Verhaltungsstörungen von Kindern
  • Konzentrationsstörungen
  • Psychosomatische Erschöpfungszustände
  • Ressourcenaktivierung
  • Chron. oder akute Schmerzen
  • Sexualtherapie
  • Sport-Coaching
  • Stoffgebundene Abhängigkeit, z. B. Rauchen
  • Trauer
  • Traumatherapie

Was ist ein Trauma?

Der Begriff Trauma kommt aus dem Griechischen und heißt „Verletzung.“ Im medizinischen Zusammenhang handelt es sich um eine körperliche Verwundung, die durch Gewaltanwendung oder einen Unfall verursacht wurde.

Im psychologischen Bereich versteht man unter Trauma eine starke psychische Erschütterung aufgrund eines überwältigenden Erlebnisses, das nicht verarbeitet werden konnte. Hierfür ist ausschlaggebend, dass die traumatischen Erfahrungen von der Psyche zum Zeitpunkt des Geschehens die Verarbeitungsfähigkeit der Psyche übersteigen und der Betroffene mit einer psychischen oder somatischen Störung reagiert. Viele Traumata entstehen in der Kindheit und können Auswirkungen auf das ganze spätere Leben haben, indem sie massive psychische Störungen nach sich ziehen.

Wenn Sie eines oder mehrerer dieser Anzeichen erkennen, könnte es sich um ein Trauma oder eine posttraumatische Belastungsstörung (PBTS) handeln.

Sie leiden unter ständiger Unruhe, gestörtem Schlaf und aufdringlichen Erinnerungen, die immer wieder hochkommen? Diese Symptome können auf ein ungelöstes Trauma hinweisen. Viele Menschen wissen nicht, dass sie ein Trauma haben, doch es beeinflusst ihr tägliches Leben erheblich.

Folgende Anzeichen sind typisch für ein unverarbeitetes Trauma:

-Unruhe und Überwältigung: Betroffene fühlen sich ständig nervös und können nie richtig entspannen.

-Aufdringliche Erinnerungen: Plötzliche, überwältigende Bilder oder Gedanken an ein bestimmtes Ereignis tauchen immer wieder auf.

-Vermeidungsverhalten: Orte oder Situationen werden gemieden, die unangenehme Gefühle auslösen, ohne genau zu wissen, warum.

-Schlafstörungen: Schwierigkeiten beim Einschlafen, häufige Albträume und unruhiger Schlaf sind häufige Beschwerden.

-Konzentrationsprobleme und Reizbarkeit: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, und schnelle Gereiztheit sind typisch.

-Hypervigilanz: Ein ständiges Gefühl der Wachsamkeit, als ob jederzeit etwas Schlimmes passieren könnte.

-Rückzug und Vertrauensprobleme: Schwierigkeiten, enge Beziehungen zu pflegen und anderen zu vertrauen.

-Körperliche Beschwerden: Häufige Kopfschmerzen, Magenprobleme und andere körperliche Symptome treten ohne ersichtlichen Grund auf.

Mit der richtigen Unterstützung können Betroffene lernen, ihre traumatischen Erlebnisse zu verarbeiten und wieder ein erfülltes Leben zu führen.

Man unterscheidet drei Hauptgruppen von Trauma-Erleben:

  1. Man-made-Trauma

So bezeichnet man die am häufigsten vorkommende und bedeutsamste Gruppe. Sie bezeichnet psychische Verletzungen, die sich Menschen untereinander antun. Oft werden sie von Menschen begangen, denen man vertraut oder zu denen man in einem besonderen Verhältnis steht, z. B. Familienmitglieder. Hierzu gehören sexuelle Übergriffe oder andere körperliche Misshandlungen.

  • Traumata durch Schicksalsschläge oder höhere Gewalt

Hier sind z. B. schwere Krankheiten, Naturkatastrophen o.ä. zu nennen, beispielsweise der Tsunami 2004 in Asien, der Hunderttausende traumatisierte. Hier überwiegt das Gefühl der Ohnmacht, also dem Ereignis hilflos ausgeliefert zu sein.

  • Traumata beruhend auf kollektiven schwerwiegenden Ereignissen

Zu dieser Gruppe gehören z. B. Kriege, Zerstörung, Vertreibung, Gewalt, Folter etc. Die Folgen des zweiten Weltkrieges beeinträchtigen über die Weitergabe der Emotionen ganze Generationen bis zum heutigen Tag.

Wie entsteht Trauma?

Normalerweise nimmt das menschliche Gehirn permanent Sinneseindrücke auf und speichert das neue Wissen ab. Im entspannten Zustand werden die Eindrücke im Präfrontalkortex gefiltert, verarbeitet, gespeichert oder gelöscht.

Im Falle eines Traumas ist dieser Prozess gestört, ein negatives Stressgeschehen wird erzeugt (Dystress) und die Eindrücke werden unverarbeitet gespeichert und mit der Amygdala (das Warnsystem im Gehirn) verknüpft, um in ähnlicher Situation wieder schnell abgerufen zu werden (Flashback). Dies ist normalerweise ein positiver Vorgang, um beim Auftauchen von Gefahren eine schnellere Reaktion abzurufen. Da das Erlebnis jedoch nicht entsprechend gefiltert und verarbeitet wurde, reagiert die Amygdala sofort mit Stressverhalten auch dann auf ähnliche Situationen, wenn sie für den Betroffenen keine Bedrohung mehr darstellen. Bei dauerhafter traumatischer Belastung befindet sich das Gehirn ständig im Stressmodus, Folge davon sind Veränderungen im Gehirn bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen. Durch EMDR kann man dazu beitragen, dass das Erlebnis neu bewertet und verarbeitet, sozusagen überschrieben wird. Belastende Erinnerungen werden in einer sicheren Umgebung reaktiviert und mit neuen Emotionen belegt.

Der Therapeut arbeitet mit dem Klienten ein Bild heraus, das das belastende Erlebnis so exakt wie möglich beschreibt. Der Klient wird angeleitet, dieses Bild noch einmal anzuschauen, und sich in das damit verbundene negative Körpergefühl hineinzufühlen. Parallel dazu erfolgt die bilaterale Stimulierung, diese kann z. B. über die Augenbewegungen aber auch über akustische oder taktile Reize geschehen. Diesen Vorgang nennt man „prozessieren“, dabei kommt es zu einer Verarbeitung und Integration des weitgehend subkortikal gespeicherten Materials. Es handelt sich um einen Verarbeitungs- bzw. Verknüpfungsprozess zwischen den „normalen“ und den „emotional belastenden“ Persönlichkeitsteilen mit dem Ziel, die dissoziative Barriere zwischen den beiden Teilen zu lösen.

Ziel der EMDR-Therapie ist es, Zugang zu der traumatischen Erinnerung zu erlangen und sie wie eine normale Erinnerung ins Gedächtnis einzusortieren. Folgende drei Mechanismen sollen bewirken, dass der Betroffene die Erinnerungen an ein Trauma nicht mehr als bedrohlich empfindet: • Die Erinnerungen an das Trauma werden wiederholt in der sicheren Umgebung der Therapie hervorgeholt. Somit verknüpfen sie sich mit dem Gefühl relativer Sicherheit und der Betroffene lernt, dass die Erinnerungen nicht bedrohlich sind. • Die schnellen Augenbewegungen während der Therapie simulieren die Augenbewegungen, die wir im Traum machen. Da im Traum Erinnerungen sortiert und im Langzeitgedächtnis gespeichert werden, soll EMDR so Gedächtnisprozesse anregen und eine schnellere Heilung ermöglichen. • Die
rhythmischen Augenbewegungen sollen zur Entspannung verhelfen und die
bedrohlichen Erinnerungen an neutrale Reize koppeln.

Anstelle bzw. zusätzlich zu den Augenbewegungen kann man auch noch mit anderen bilateralen Bewegungen arbeiten wie z. B. der Schmetterlingsumarmung, die vor allem bei Kindern eine angemessene Alternative ist. Hierbei werden die Arme vor der Brust überkreuzt und abwechselnd mit der rechten Hand auf dem linken Oberarm und mit der linken Hand auf den rechten Oberarm geklopft.

Des Weiteren ist das Tapping eine Stimulation, die ebenfalls dazu dient, beide Gehirnhälften zu aktivieren und belastende Situationen zu verarbeiten.

Dazu sitzt der Klient dem Behandler mit geöffneten Handflächen gegenüber und dieser tappt abwechselnd auf die rechte und linke Hand. In der Selbstanwendung kann der Klient auch abwechselnd rechts und links die Oberschenkel tappen.

Nach einer ausführlichen Anamnese und sorgfältiger Abklärung von Indikationen bzw. Kontraindikationen wird der Klient über den Ablauf der Sitzung und das Therapieziel aufgeklärt. Eine Sitzung dauert in der Regel 90 bis 120 Minuten. In der ersten Sitzung werden zunächst die belastenden Gefühle und Situationen erarbeitet, die in den Mittelpunkt gestellt werden. Wichtig ist es, den Moment der stärksten emotionalen Belastung herauszuarbeiten. Dieser wird anhand des sogenannten SUD-Verfahrens, der Skala von 1 – 10, gemessen.

Auch werden alle Aspekte abgefragt, die mit einem eventuellen Krankheitsgewinn zusammenhängen können, da dieser den Therapieerfolg unter Umständen verhindern könnte.

Der klassische Ablauf einer EMDR-Behandlung umfasst folgende Phasen:

  1. Stabilisierung
  2. Bearbeitung des Traumas
  3. Reintegration in das Lebensumfeld

Diese unterteilen sich in weitere Phasen bis zum Abschluss der Behandlung:

Phase 1: Anamnese und Behandlungsplan

Phase 2: Vorbereitung und Stabilisierung

Phase 3: Einstufungen der belastenden Erinnerungen

Phase 4: Durcharbeitung

Phase 5: Verankerung

Phase 6: Körpertest

Phase 7: Abschluss

Phase 8: Überprüfung und Nachbesprechung

Wann sollte EMDR nicht angewendet werden?

  • Psychosen
  • Hirnorganische Störungen
  • Schlaganfall oder Schädel-Hirntrauma
  • Epilepsie
  • Somatische Erkrankungen (vorher medizinisch abklären lassen)
  • Drogen- oder Alkoholmissbrauch
  • Einnahme von Psychopharmaka
  • Kognitive Störungen, z. B. Demenz

Zum Schluss noch ein Hinweis:

Besondere Sorgfalt ist bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen geboten, da diese eine hohe Verantwortung mit sich bringt. Bei Traumata im Kindesalter wenden Sie sich bitte nur an Therapeuten, die über die entsprechende Qualifikation verfügen.

(Connie Albers, psych. Beratung)

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